Digitalisierung der Wirtschaft: Einseitige Abhängigkeiten vermeiden und Schlüsseltechnologien beherrschen

In mehr als jedem zweiten Unternehmen verändert die Digitalisierung nach einer aktuellen BITKOM-Umfrage das Geschäftsmodell

[CI4, 15.03.2015] Die Digitalisierung führe in der deutschen Wirtschaft zu „grundlegenden Veränderungen der Marktbedingungen“, so der Digitalverband BITKOM im Vorfeld der „CeBIT 2015“. In mehr als jedem zweiten Unternehmen (55 Prozent) ändere sich als Folge der Digitalisierung das Geschäftsmodell, 70 Prozent der Unternehmen sähen diese als große Herausforderung.

Bewältigung des Digitalen Wandels wichtigste Managementaufgabe

Damit rangiere der Digitale Wandel gleichauf mit dem Fachkräftemangel und deutlich vor anderen internen und externen Herausforderungen wie einem scharfen Wettbewerb oder schwierigen Finanzierungsbedingungen. Das habe eine repräsentative Umfrage unter 505 Geschäftsführern und Vorständen von Unternehmen ab 20 Mitarbeitern im Auftrag des Digitalverbands BITKOM ergeben.
Die Bewältigung des Digitalen Wandels sei die wichtigste Managementaufgabe unserer Zeit, betont BITKOM-Präsident Prof. Dieter Kempf zum Auftakt der „CeBIT 2015“ in Hannover. Verändert sich das Geschäftsmodell infolge der Digitalisierung, müsse sich das Unternehmen anpassen oder verschwinde früher oder später vom Markt.
Insgesamt bewerte eine deutliche Mehrheit den Digitalen Wandel indes positiv – 86 Prozent der befragten Top-Manager sähen in der Digitalisierung eher Chance als Risiko für ihr Unternehmen. Zehn Prozent sähen dagegen eher eine Gefahr und nur vier Prozent meinten, die Digitalisierung habe keinen Einfluss auf ihr Unternehmen.

„d!conomy“ Schwerpunktthema der „CeBIT 2015“

Die Digitalisierung der Wirtschaft ist unter dem Stichwort „d!conomy“ das Schwerpunktthema der „CeBIT 2015“. In der „digital economy“ erfasse die Digitalisierung sämtliche Branchen und durchdringe alle Bereiche eines Unternehmens, von der Produktentwicklung über den Vertrieb bis zum Kundenservice, sagt Professor Kempf. Grundlage dafür seien Technologien wie „Cloud Computing“ oder „Big Data“, leistungsfähige Endgeräte vom Tablet bis zu den neuen „Wearables“ sowie immer schnellere Datennetze im Festnetz und im Mobilfunk. Diese wiederum ermöglichten die weitere Vernetzung von Geräten, Maschinen und Fahrzeugen.

Digitaler Wandel: Ein Prozess der schöpferischen Zerstörung

Nach den Ergebnissen der Umfrage stünden fast drei Viertel (73 Prozent) der befragten Geschäftsführer und Vorstände der Digitalisierung aufgeschlossen gegenüber. Ein Fünftel sei unentschieden und sieben Prozent nähmen eine ablehnende Haltung ein. Kritisch eingestellt seien vor allem viele Chefs von kleinen Unternehmen mit 20 bis 49 Mitarbeitern. In dieser Gruppe seien nur gut die Hälfte (56 Prozent) aufgeschlossen, ein Viertel (27 Prozent) unentschieden und knapp ein Fünftel (18 Prozent) sogar ablehnend. In den großen Teilbranchen Industrie, Dienstleistungen und Handel gebe es die meisten Skeptiker bei Dienstleistern (19 Prozent). Ihnen erscheine offenbar die Gefahr am größten, dass die Digitalisierung ihre bestehenden Geschäftsmodelle überflüssig mache.
Viele Unternehmen erkennen laut dieser Umfrage, dass sich das Wettbewerbsumfeld im Zuge des Digitalen Wandels verändert. Knapp die Hälfte (48 Prozent) der Befragten beobachte, dass Wettbewerber aus der Internetbranche in ihren Markt drängten. Ein Viertel (25 Prozent) gebe an, dass Konkurrenten aus der eigenen Branche, die frühzeitig auf die Digitalisierung gesetzt hätten, nun besser dastünden als sie. Ein Drittel (34 Prozent) der befragten Unternehmenslenker sage offen, dass sie Probleme hätten, die Digitalisierung zu bewältigen. Fast ein Fünftel (19 Prozent) sei sogar der Meinung, dass die Digitalisierung die Existenz ihres Unternehmens gefährde.
Der Digitale Wandel sei ein Prozess der schöpferischen Zerstörung, erläutert Professor Kempf. Dies sollte die Verantwortlichen anspornen – niemand sei der Entwicklung hilflos ausgeliefert, man könne sie gestalten.

Unternehmerische Digitalstrategie erforderlich

Die Unternehmen reagieren nach BITKOM-Erkenntnissen mit unterschiedlichen Maßnahmen auf den Digitalen Wandel. So schulten vier von fünf (82 Prozent) ihre Mitarbeiter für den Einsatz digitaler Technologien. Um mehr Know-how bei digitalen Themen zu gewinnen, schlössen 61 Prozent Partnerschaften mit IT- bzw. Internetunternehmen.
58 Prozent gäben an, dass sie viel Geld investierten, um den Digitalen Wandel zu bewältigen. Dagegen habe ein Drittel (37 Prozent) der deutschen Unternehmen bisher keine Digitalstrategie.
Eine Digitalstrategie sei die Grundlage für die Bewältigung der Herausforderungen, unterstreicht Professor Kempf. Hierbei müssten viele Unternehmen dringend nachbessern. Ein Viertel (24 Prozent) habe zumindest in einzelnen Unternehmensbereichen eine Digitalstrategie. Immerhin 39 Prozent der Unternehmen hätten eine zentrale Strategie für verschiedene Aspekte der Digitalisierung.

Abhängigkeiten vermeiden und Schlüsseltechnologien beherrschen

Aus Sicht des BITKOM ist die Digitalisierung eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Um die digitale Welt aktiv gestalten zu können, müsse Deutschland einseitige Abhängigkeiten vermeiden und wichtige Schlüsseltechnologien beherrschen.
Wir bräuchten mehr digitale Souveränität, so Professor Kempf. Der BITKOM verortet den Begriff der „Digitalen Souveränität“ zwischen den Gegenpolen der Fremdbestimmung und der Autarkie. Der BITKOM möchte weder das Eine noch das Andere. Digitale Souveränität heiße, in zentralen
Technologiefeldern über Kompetenzen zu verfügen. Darüber hinaus müsse man in der Lage sein, selbstbestimmt und fachkundig zwischen den Angeboten leistungsfähiger, vertrauenswürdiger Partner zu entscheiden.
Mehr Digitale Souveränität könne nur erreicht werden, wenn alle politischen Bereiche stärker auf die Digitalisierung ausgerichtet würden. Dies betreffe als zentrale Themen das Urheber-, Wettbewerbs- und Steuerrecht, den Daten- und Verbraucherschutz sowie die Telekommunikations- und Medienordnung. Veraltete Gesetze dürften innovative Geschäftsmodelle nicht verhindern und Start-ups müssten auf dem Weg zum „Global Player“ optimale Bedingungen in der Gründungs- und Wachstumsphase vorfinden. Darüber hinaus müssten Wirtschaft, Staat und Bürger absolut vertraulich und geschützt in digitalen Netzen kommunizieren können. Die Digitalisierung müsse sich wie ein Roter Faden durch alle Politikfelder ziehen, so Professor Kempf als Fazit.

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