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CI4-HerbstForum 2018: Die Gesellschaft 4.0 im Kontext aktueller Sicherheitsherausforderungen und Lösungsansätze

Asymmetrisch bedrohte Cyber-Sicherheit und -Defense benötigen „360-Grad-Schutz“

 Dem Erfahrungsschatz und -austausch ein Forum bieten

[CI4, 13.11.2018] Das Cluster Industrie 4.0 (CI4) lud in Kooperation mit dem VDI/VDE-Arbeitskreis Sicherheit (AKSi) und unterstützt vom VDI-Bezirksverein Berlin-Brandenburg zum „HerbstForum 2018“ ein: Am 30. Oktober 2018 standen „Aktuelle Sicherheitsherausforderungen der Gesellschaft 4.0 und Lösungsansätze“ im Fokus. Der Quartalsvortrags- und -diskussionsabends zu Gast bei der CI4-HerbstForum 2018: Die Gesellschaft 4.0 im Kontext aktueller Sicherheitsherausforderungen und Lösungsansätze weiterlesen

Gesellschaft 4.0: Differenziertere Analysen statt simplifizierender Prognosen

Gesellschaft 4.0: Differenziertere Analysen statt simplifizierender PrognosenNachdenklichkeit angesichts der Ambivalenz von Chancen und Risiken auf dem „CI4 FrühlingsForum 2017

Trotz des rasanten IKT-Fortschritts muss die Gesellschaft auf Vertrauen und Unternehmenskultur setzen – allein schon, um Selbstausbeutung zu vermieden – aber auch Eigenverantwortung gilt es zu stärken. Zudem sind aus dem Primat der Würde des Menschen klare Forderungen an die Digitalisierung abzuleiten.

[CI4, 27.04.2017] Nach dem erfolgreichen Auftakt zur neuen Veranstaltungsreihe des Clusters Industrie 4.0 mit dem „HerbstForum 2016“ zum Thema „Sicherheit in der Industrie 4.0“ widmete sich nun das „FrühlingsForum 2017“ am 25. April 2017 zu Gast bei der TU Berlin dem Thema „Arbeit 4.0“.

***Kooperation mit dem VDI Berlin-Brandenburg***

Clustersprecher Dipl.-Kfm. Michael Taube eröffnete die Veranstaltung und betonte in seinem Grußwort, dass mit diesem Abend zur konstruktiven Diskussion angeregt und einige Facetten der Arbeitswelt im Zeitalter der Industrie 4.0 angerissen werden sollten. Taube dankte den ideellen Unterstützern dieses Abends sowie dem Kooperationspartner und Sponsor, dem VDI-Bezirksverein Berlin-Brandenburg, vertreten durch Vorsitzende, Prof. Dr. Burghilde Wieneke-Toutaoui.

***Über die Auswirkungen der Arbeit 4.0 auf die Gesellschaft***

Frau Prof. Burghilde Wieneke-Toutaoui, die Präsidentin der Technischen Hochschule Brandenburg, ging sodann in ihrer Keynote der Frage nach, „Was bedeutet Arbeit 4.0 in der Gesellschaft?“
Das Thema „Arbeit der Zukunft“ sein inzwischen in der Gegenwart angekommen. Ingenieure gestalteten Technik und seien daher aufgerufen, sich Gedanken über die Arbeit und Auswirkungen auf die Gesellschaft zu machen.
Veränderungen erfolgten eher „subversiv“ denn spektakulär – ein Beispiel sei das schleichende Verschwinden der traditionellen Druckindustrie gewesen. Eine mögliche erweiterte Definition von „Digitalisierung“ sei die Umgestaltung der Arbeitswelt und der Gesellschaft – resultierend aus dem aktuellen Fortschritt der Informations- und Kommunikationstechnik (IKT). Man könne nun streiten, ob dieser Prozess eher eine Evolution oder gar eine Revolution sei.
Als ein Merkmal sei die sogenannte Disruption anzusehen – etablierte Geschäftsmodell werden dabei durch digitale Alternativen verdrängt. Als Beispiel nannte Wieneke-Toutaoui Online-Shopping-Portale. Der Kolumnist Sascha Lobo hatte in auf „SPIEGEL ONLINE“ Kritik am „Plattform-Kaitalismus“ geübt – als Beispiele für in die Diskussion geratene Plattformen nannte Wieneke-Toutaoui u.a. facebook / XING, MyHammer / KleiderKreisel, UBER / Helpling / Airbnb, Upwork / amazon mechanical turk.

Auch „Data Mining“ werde in diesem Kontext als ambivalente Nutzung der anfallenden umfangreichen Datenmengen genannt – hierbei werden diese systematisch analysiert, um Muster zu erkennen, zu beschreiben und zu nutzen, im Idealfall um neues nützliches Wissen zu generieren.
Schlagwörter wie „Crowdsourcing“, „Clickworker“ oder „Crowdworking“ zur Beschreibung neuer Beschäftigungsverhältnisse wiesen auf das Problem der Entgrenzung im räumlichen, zeitlichen und organisatorischen Sinne hin. Es werde ein neuer Ansatz zur Organisation des eigenen Lebens propagiert – sei es die „Sharing Economy“ (z.B. Werkzeuge, PKW) oder das Auftreten als „Prosument“, d.h. Verbraucher und zugleich Produzent; Beispiele seien mymuesli und spreadshirt.
Ihre Tour d’Horizon streifte SB-Kassensysteme und Pflegeroboter – letztere kämen in Japan schon vielfach zum Einsatz. Als ein hochinteressanten Ansatz auf medizinischem Gebiet stellte sie das Mercy Virtual Hospital und die heutigen Möglichkeiten der schnellen und präzisen 3D-Formung von Zahnprothesen vor. Die Auswirkungen der Arbeit 4.0 auf das Bankwesen könne sich jeder angesichts der vielen aktuellen Filialschließungen vorstellen; Steuerberaterbüros müssten zum Überleben ihren Kunden umfangreiche Beratung und Dienstleistung als Komplettservice liefern. Auch virtuelle Sekretariate zuweilen in Form von Heimarbeit mit Bürodienstleistungen breiteten sich aus. „Smart Homes“ seien hinsichtlich des Nutzens und der hohen Anforderungen an die Programmierung durch die Bewohner ambivalente Fortschrittsbeispiele (weitgehend noch selbstbestimmtes Leben für Alte, Behinderte/Kranke vs. Übertechnisierung des Alltags evtl. mit Überforderung des Verbrauchers).
Sehr kritisch sah Wieneke-Toutaoui den Trend „Do it yourself“ (DIY) – zahlreiche YouTube-Videos mit Anleitungen suggerierten, dass jeder alles könne… Die Vornahme technischer Eingriffe am PKW oder in elektrischen Haushaltsgeräten, welche eigentlich Fachleuten vorbehalten sein sollten, würde ohne Kenntnis der Gefahren und Konsequenzen nun auch von Laien erfolgen. Neben der Gefährlichkeit komme es zu einer „Entqualifizierung des Handwerks“.

Wieneke-Toutaoui nahm Bezug auf Prof. Dr. phil. habil. Sabine Pfeiffer, Soziologin an der UNIVERSITÄT HOHENHEIM, und sprach sich für „Gestaltung statt Prognose!“ hinsichtlich der Arbeitswelt 4.0 aus:
* Es gelte Abschied zu nehmen von einfachen Prognosen.
* Die technische Machbarkeit allein sei nicht ausschlaggebend.
* Die globale Wertschöpfungskette sei für das Aussterben und Entstehen von Jobs entscheidend.
* Die Digitalisierung (und Vernetzung) ermögliche schlecht bezahlte Arbeitsplätze anderenorts.
* Deutschland habe bisher profitiert – dank noch gut qualifizierter Arbeitskräfte.
* Die Mitbestimmung sein anstrengend, aber hilfreich für den Erfolg.
* Die Gestaltung des Wandels müsse durch mehr Partizipation erfolgen.

Sie empfahl daher in der Bildung den Umgang mit Daten und Statistik, aber auch Manipulationsgefahren und die (Net-)Etiquette in den Fokus zu nehmen. Man müsse sich darüber im Klaren sein, dass Algorithmen niemals neutral seien. „eGovernment“ gewinne an Bedeutung. IT-Sicherheit und Datenschutz müssten stärker Beachtung finden, wie auch die Folgenabschätzung (nicht alles Machbare müsse realisiert bzw. mitgemacht werden). Schließlich plädierte sie auch für eine bessere Weiterbildung für Mädchen und Frauen, um deren Potenziale nicht ungenutzt zu lassen. Bei aller beeindruckenden Durchdringung des Alltags mit IKT müsse man den großen Herausforderungen der Menschheit Beachtung schenken: So gebe es derzeit schon mehr Menschen weltweit mit Smartphones als mit Zugang zu Toiletten (Quelle: CISCO 2016).
Sie wisse auch keine „einfachen Antworten“. Im Kontext des DIY-Trends sprach sie sich für die partielle Wiedereinführung menschlicher Dienstleister aus – so für Korrekturleser. Man könne ganz bewusst handeln und sich etwa vornehmen, bevorzugt physische Ladengeschäfte aufzusuchen. Kritisch sah sie die finanzielle Überbewertung von Plattformen (z.B. Google, Aibnb, …), denen kein realer Wert entgegenstehe. Sie plädierte für einen Fokus der Digitalisierung auf die Bereiche Medizin und PKW-Industrie.
Zum Abschluss betonte sie, dass man in der Gesellschaft auf Vertrauen und Unternehmenskultur setzen müsse – es müsse die Selbstausbeutung vermieden werden. Auch der Eigenverantwortung der an der Gestaltung Beteiligten sei hoch zu bewerten – so, um Risiken bei selbstlernenden Algorithmen zu senken. Sie erteilte gleichermaßen Pessimismus und Hypes insbesondere in Bezug auf den Einsatz von Robotern eine Absage. Beim Einsatz von Systemen der Industrie 4.0 in Unternehmen sei die Frage zu stellen, was die Mitarbeiter wirklich voranbringt – als Beispiel nannte sie den Einsatz von Datenbrillen, die sowohl unterstützend als auch entmündigend wirken könnten.

***Über die Rolle des Menschen im Kontext der Arbeit 4.0***

In seinem Impuls „Industriearbeit 4.0 – ist der Mensch Restrisiko oder Beherrscher der Technik?“ verwies Prof. i.R. Dr. Erhard Nullmeier, Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin, auf den Club of Rome. Dieser habe 1972 wohl ein falsches Prognosemodell verwendet, aber dennoch einen Nutzen, nämlich Sensibilisierung für entscheidende Fragen der Menschheit und deren Zukunft, generiert. Aktuell sei nicht wirklich vorauszusagen, welche Produkte und Dienstleistungen im Zuge der weiteren Rationalisierung erfolgreich auf den Markt kommen werden. Wettbewerbsfähigkeit sei nicht alles, aber ohne diese sei alles Andere nichts.

Der DGB-Index „Gute Arbeit“, welcher z.B. zur Bewertung von Multitasking (drohende Überforderung) und Kontrolle verwendet werde, führe zu der Forderung der Ausführbarkeit einer Tätigkeit, d.h. die notwendigen Informationen müssten verfügbar, wahrnehmbar und interpretierbar sein. In diesem Kontext sei auch das jeweilige psychische Schadenspotenzial zu sehen, und die Forderung nach Lernförderung lasse sich ableiten.
Eine weitere zentrale Frage sei, welche Prozesse automatisiert in einen sicheren Zustand gebracht werden können. Routinearbeiten fielen einer Maschine leicht – weniger aber dem Menschen.

Er erinnerte an literarische Inspiration der heutigen Diskussion – so an die „Robotergesetze“ von Isaac Asimov oder an die von Brainbridge (1983) beschriebene „Ironie der Automation“. Die Realität scheine zunehmend hinter dem digitalen Abbild zu verschwinden.
Zur Vermeidung von Katastrophen müsse die enge räumliche und zeitliche Kopplung komplexer Teilprozesse betrachtet werden. Aber auch die Würde des Menschen führe zu Forderungen an die Digitalisierung, wenn auch die Produktion am Standort Deutschland günstiger werden müsse, das sonst eine weitere Verlagerung der Industrie drohe.
Ein Hauptaugenmerk bei der Diskussion der Digitalisierung müsse auf der Qualifizierung liegen: Nicht nur akademisch, sondern auch auf Ebene der Facharbeiter, deren Praxisbezug bei der Gestaltung cyber-physischer Systeme ebenfalls erfolgsentscheidend sei.
Weitere Informationen zum Thema:

Kolumne von Sascha Lobo auf SPIEGEL ONLINE
„Die Mensch-Maschine – Auf dem Weg in die Dumpinghölle“
http://www.spiegel.de/netzwelt/netzpolitik/sascha-lobo-sharing-economy-wie-bei-uber-ist-plattform-kapitalismus-a-989584.html

the MercyChannel auf YouTube
Mercy Virtual Care Video Release

TAGESSPIEGEL CAUSA
Wirtschaft / Arbeit 4.0 – Fluch oder Segen?
https://causa.tagesspiegel.de/wirtschaft/arbeit-40-fluch-oder-segen

DGB
DGB-Index Gute Arbeit
http://index-gute-arbeit.dgb.de/dgb-index-gute-arbeit

ROBOTERWELT
Die Robotergesetze von Isaac Asimov
http://www.roboterwelt.de/magazin/die-robotergesetze-von-isaac-asimov/

ZEIT ONLINE, 23.03.2017
Künstliche Intelligenz – Die Pi-mal-Daumen-Studie
http://www.zeit.de/2017/11/kuenstliche-intelligenz-arbeitsmarkt-jobs-roboter-arbeitsplaetze

neuland, 16.02.207
Richard David Precht und Karl-Heinz Land im Doppelinterview: „Es könnte bald ernsthaft krachen“
https://www.mynewsdesk.com/de/neuland/blog_posts/richard-david-precht-und-karl-heinz-land-im-doppelinterview-es-koennte-bald-ernsthaft-krachen-54567

ZEIT ONLINE, 09.02.2017
Digitalisierung – Daten essen Seele auf, von Manfred Broy und Richard David Precht
http://www.zeit.de/2017/05/digitalisierung-revolution-technik-seele-menschen-grundrechte

Industrie 4.0 und Software: Nehmen Sie Ada oder lassen Sie es lieber

Dr. Hubert Keller vom KIT unterstreicht die zentrale Rolle der Informatik als Erfolgsfaktor

[CI4, 10.03.2015] In seinem Vortrag „Sichere Softwareprodukte herstellen mit Ada“ in der Geschäftsstelle des VDI Bezirksvereins Berlin-Brandenburg (VDI BV BB) am 13. Februar 2015 stellte Dr. Hubert Keller, Institut für Angewandte Informatik (IAI) / Karlsruher Institut für Technologie (KIT), überzeugend dar, dass zum Erfolg der „Industrie 4.0“ eine höchst zuverlässige Software benötigt wird. Dies ist nach seiner Ansicht „Ada“. Ansonsten sieht er den Weg hin zur „Industrie 4.0“ als schmalen Industrie 4.0 und Software: Nehmen Sie Ada oder lassen Sie es lieber weiterlesen

Industrie 4.0: Hohe Erwartungen, Ängste und nebulöse Begriffe

Ein Rückblick auf die Vortragsveranstaltung „Technologiepotenziale für eine innovative Produktionstechnik (Industrie 4.0)“ beim VDI in Berlin

[CI4, 09.03.2015] Das Internet der Dinge und Dienste sei noch ein ziemlich unscharfer Begriff – es werde viel darüber gesprochen, aber bisher wenig realisiert, so Dipl.-Ing. Claudio Geisert, Fraunhofer-Institut für Produktionsanlagen und Konstruktionstechnik IPK, in seinem Vortrag „Technologiepotenziale für eine innovative Produktionstechnik (Industrie 4.0)“ in der Geschäftsstelle des VDI Bezirksvereins Berlin-Brandenburg (VDI BV BB) am Industrie 4.0: Hohe Erwartungen, Ängste und nebulöse Begriffe weiterlesen

Software: Für das sichere Internet der Dinge sind noch Hausaufgaben offen

„Sichere Softwareprodukte herstellen mit Ada“ am 13. Februar 2015 beim VDI in Berlin

[CI4, 02.02.2015] Auf der Jahrestagung 2014 „Chancen und Risiken in der Wagnisgesellschaft“ des Arbeitskreises Sicherheit im VDI Bezirksverein Berlin-Brandenburg, in Kooperation mit dem FORUM46 – Interdisziplinäres Forum für Europa e.V. und der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung, hatte der Vortrag von Dr. Hubert Keller vom Karlsruher Institut für Technologie, für Aufsehen gesorgt. Er beschrieb gewissermaßen die „Hausaufgaben“ auf dem Gebiet der Informations- und Kommunikationstechnologie, die es zu bewältigen gilt, bevor ambitionierte, epochale Projekte wie das Internet der Dinge und Industrie 4.0 überhaupt sicher realisiert werden können. Software: Für das sichere Internet der Dinge sind noch Hausaufgaben offen weiterlesen